Fräsen
Das Fräsen ist laut Gliederung der Fertigungsverfahren nach DIN 8589-3, ein spanendes Verfahren mit geometrisch bestimmter Schneide. Dabei wird mit einem meist rotationssymmetrischen Werkzeug (Fräser), das ein- oder mehrschneidig ausgebildet sein kann, ein Materialabtrag durch die im Eingriff befindlichen Schneiden realisiert. Das Werkzeug dreht dabei um seine Längsachse. Mit einer Zustellbewegung zum Werkstück und einer anschließenden Vorschubbewegung wird der Zerspanvorgang eingeleitet. Grundsätzlich kann man zwischen Stirn- und Umfangsfräsen unterscheiden.
Beim Stirnfräsen steht die Werkzeugachse orthogonal zur Arbeitsebene. Die Zustellung des Werkzeuges in der Werkzeugachse zum Werkstück nennt man Schnitttiefe (ap). Die am Umfang befindlichen Schneiden zerspanen dabei das Material, das sich auf dieser Arbeitsebene befindet, weshalb das Verfahren auch als Stirn-/Umfangsfräsen bezeichnet wird. Die Arbeitsebene selbst, stellt dabei die fertige Oberfläche dar, die durch die Stirnschneiden mit hoher Oberflächengüte und Genauigkeit abgebildet werden kann. Hierfür sind Glättungseffekte durch Oberflächenverfestigung maßgeblich verantwortlich, die durch Reibkräfte an der Schneidkantenverrundung entstehen. Deshalb bietet sich dieses Verfahren besonders als Schlichtverfahren an.
Wenn sich der Fräser voll im Eingriff befindet, beträgt die maximale Umschlingung am Fräser 180° (Arbeitseingriff ae gleich Fräserdurchmesser), die an der Schneide durch den Vorschubrichtungswinkel (phi) beschrieben werden kann. Hierbei durchläuft die Schneide beginnend mit phi≥0° einen Gegenlaufanteil, und mit phi>90° einen Gleichlaufanteil. Die Spanungsdicke (h) beginnt dabei mit Null, erreicht bei phi=90° ihren Maximalwert und verringert sich bis phi=180° wieder bis auf Null. Durch einen Fräserversatz lässt sich die Umschlingung und die Zerspanungskräfte entsprechend beeinflussen, wobei sich der Fräser nur teilweise im Eingriff befindet.
In der Praxis haben sich Fräswerkzeuge etabliert, die mit einer leicht vorstehenden Breitschlichtschneide als Stirn- bzw. Nebenschneide ausgeführt werden. Diese bildet mit ihrer Geometrie die fertige Oberfläche ab. Die Umfangs- bzw. Hauptschneiden werden dabei zum Vorschruppen des Materials genutzt und dienen nur zur Reduktion des Spanungsquerschnittes für die eigentliche Breitschlichtschneide. Erwähnenswert wäre noch die Möglichkeit des Stirnfräsens bzw. Tauchfräsens durch die Vorschubbewegung entlang der Werkzeugachse, wie es auch beim Bohren der Fall ist, sofern der Fräser über eine durchgehende Stirnschneide verfügt, um nicht mittig auf dem Restmaterial aufzusitzen. Aufgrund der kleinen Spanräume aller gleichzeitig im Eingriff befindlichen Schneiden, können nur sehr kleine Spanungsquerschnitte und damit Vorschübe realisiert werden, da es sonst sehr schnell zum Spänestau, zu hohen Kräften und Momenten und damit zum Bruch des Werkzeuges kommen kann.
Beim Umfangsfräsen befindet sich die Werkzeugachse parallel zur Arbeitsebene. Durch die Zustellung des Werkzeuges zur Arbeitsebene hin, wird die Schnitttiefe (ap) eingestellt. Hierbei sind ausschließlich die Umfangs- bzw. Hauptschneiden des Fräsers im Eingriff. Durch die umlaufenden Schneiden bildet sich eine facettierte Oberfläche ab, die sich aufgrund ihrer schlechten Oberflächenqualität nur bedingt als fertige Funktionsfläche eignet. Daher ist dieses Verfahren auch eher als Schruppverfahren geeignet, bei der, in Abhängigkeit der Maschine, große Schnitttiefen realisiert werden können. Über die Länge des Fräsers, die sich im Eingriff befindet, wird der Arbeitseingriff (ae) bestimmt. Über die Drehrichtung des Fräsers und die Vorschubrichtung kann das Gegenlauffräsen oder das Gleichlauffräsen entsprechend umgesetzt werden.
Dreht sich der Fräser im Eingriff gegenläufig zur Vorschubrichtung der Arbeitsebene, spricht man vom Gegenlauffräsen. Da die Schneide mit einer Spanungsdicke Null in das Material eindringt und es dabei zu erhöhten Reibkräften bis zum Anschnitt des Materials kommt, ist dieses Verfahren, durch den damit verbunden schnelleren Verschleiß der Schneide, relativ ungünstig für die Standzeit des Werkzeuges. Dafür ist das Gleichlauffräsen, durch den direkten Kontakt mit der maximalen Spanungsdicke bei Schneideneintritt als günstiger für die Standzeit anzusehen, weil hierbei geringere Reibungen durch die Spanbildung auftreten. Da die Schneide direkt auf die Materialoberfläche auftrifft, können sich anhaftende Schichten (Schmiedehaut, Zunder) oder Oberflächenverfestigungen negativ auf das Standzeitverhalten oder sogar die mechanische Festigkeit der Schneide auswirken. Hier kann es günstiger sein, durch den Einsatz des Gegenlauffräsens die Materialoberfläche von unten her mechanisch aufzubrechen.
|