Drehfräsen
Wenn unwuchtige Werkstücke oder exzentrische Lagersitze eine klassische Drehbearbeitung erschweren, dann bietet sich das Drehfräsen als Alternativtechnologie an. Dabei wird ein rotierender Fräser an ein, um seine Längsachse drehendes, Werkstück angestellt. Die Linearachsen (X, Y, Z) des Werkzeugkopfes folgen dabei der exzentrischen Werkstückkontur, die über eine Rundachse (A, B, C) entsprechend gedreht wird. Als gutes Beispiel bieten sich Kurbelwellen an, deren Pleuellagersitze um einen Hubversatz exzentrisch um die Werkstücklängsachse rotieren. Über die Drehzahl des Fräsers lässt sich die Schnittgeschwindigkeit einstellen. Die Mantelfläche bzw. der Umfang des Lagersitzes stellt dabei, wie beim Stirn- bzw. Umfangsfräsen, die zu fertigende Oberfläche dar. Um den korrekten Vorschub auf dieser Oberfläche zu realisieren, muss die Winkelgeschwindigkeit der Rundachse entsprechend zum Umfang des Lagersitzes errechnet werden. Die Linearachsen, die der Kontur folgen, dürfen dabei nur als Folgeachsen und nicht als Vorschubachsen angesehen werden. Bei diesem Verfahren gibt es derzeit noch viele Interpretationsdefizite in der Anwendung auf Basis der konventionellen Fräsverfahren.
Eine detaillierte Gliederung des Drehfräsens kann man wie folgt vornehmen:
achsparalleles Außen- und Innenrunddrehfräsen:
- Hierbei liegen Werkzeug- und Werkstück achsparallel zueinander, wie es vergleichsweise beim Umfangsfräsen der Fall ist. Der Fräser kann mit außenliegenden Schneiden als Scheibenfräser, oder mit innenliegenden Schneiden als Ringfräser ausgeführt sein. Vorteil ist hierbei die größere Laufruhe bei geringem Antriebsmoment als beim Außenrunddrehfräsen, was aber mit häufigen Spanabfuhrproblemen und komplizierteren Sondermaschinen erkauft wird.
- Wenn der Fräser nun entlang der Werkstück- bzw. Werkzeugachse eine zusätzliche Vorschubbewegung zur Drehbewegung des Werkstückes erfährt, wie es beispielsweise beim Schneckenwirbeln der Fall ist, dann spricht man vom achsparallelen Drehfräsen mit Axialvorschub. Diese Vorschubbewegung kann auch das Werkstück beschreiben, wenn das Werkzeug, wie bei Einstech-Schleifmaschinen, in Richtung der Werkzeuglängsachse steht.
Beim Schruppen von Pleuellagersitzen bzw. beim Schlichten von Kurbelwellenwangen bietet sich das achsparallele Drehfräsen ohne Axialvorschub an. Der Fräser wird dabei in einer oder auch zwei Linearachsen so verfahren, dass er in Interpolation mit der Werkstückrundachse einen exzentrischen Zylinder mit seinen Umfangs- bzw. Hauptschneiden in einer Werkstückumdrehung herstellt. Die Stirn- bzw. Nebenschneiden können zur Herstellung von Planschultern und Wangenkonturen genutzt werden. Dabei können gute Oberflächenqualitäten erzielt werden, was einen Einsatz als Schlichtverfahren zur Herstellung solcher Formelemente ermöglicht. Da aber die Umfangsschneiden eine relativ stark facettierte Oberfläche hinterlassen, bietet sich diese Technologie zum Fräsen der Mantelflächen nur zum Schruppen an. Im Automobilsektor werden mit Fräsrädern beide Anwendungen, stirnseitig und umfangseitig, kombiniert und erlauben eine hohe Produktivität bei der Fertigung von gegossenen oder geschmiedeten Kurbel- und Nockenwellen.
Orthogonales Drehfräsen:
- Hierbei steht die Werkzeugachse orthogonal zur Werkstückachse und damit auch zur Arbeitsebene. Am ehesten lässt sich dies mit dem Stirn-/ Umfangsfräsen vergleichen. Über eine zusätzliche Verstellung der Fräserachse quer zur Werkstückachse (Exzentrizität „EW“ in Y), lassen sich die Stirn- bzw. Nebenschneiden so in Eingriff bringen, dass sie eine gerade Mantellinie am Werkstück erzeugen. Dabei bildet sich, in Abhängigkeit vom Vorschubrichtungswinkel (phi), die Geradheit entlang der Stirnschneide auf der Mantellinie ab, was damit maßgeblich die Zylindrizität des Werkstückes beeinflusst. Entfernt sich die Stirnschneide durch die Werkzeugrotation von der Mantellinie, so erzeugt sie durch Überlagerung mit der Werkstückdrehung eine Übergangskontur, die als Polynom mathematisch beschrieben werden kann. Bei gezielter Beeinflussung des Eckenradiusses und der Exzentrizität des Werkzeuges, lässt sich auch ein definierter Radius als Übergangskontur am Werkstück abbilden.
- Das orthogonale Drehfräsen mit Axialvorschub lässt sich ebenfalls zur Herstellung von Schnecken verwenden, sofern der Axialvorschub größer als die erzeugte Schnittbreite des Werkzeuges pro Umdrehung des Werkstückes ist. Ist dieser Vorschub kleiner als die Schnittbreite, so lassen sich Zylinder mit hoher Genauigkeit in Form und Lage mit kontinuierlichem Schnitt herstellen, wie es beispielsweise bei Druckwalzen der Fall ist.
Begrenzen Planschultern und Wangen einen zu fertigenden Zylinder, dann kann das Drehfräsen ohne Axialvorschub eingesetzt werden. Dabei kann sich die Zustellung des Werkzeuges problematisch auf die Kreisform der Mantelfläche beim Anschnitt und Austritt auswirken. Komplexe Prozesse beeinflussen dabei die Prozessstabilität beträchtlich, sodass zur Erreichung hoher Formgenauigkeiten entsprechende Aufwände erforderlich sind. Für eine günstige Spanbildung beim Anschnitt bietet sich eine geradlinige Vorschubbewegung entlang der Werkzeugachse zum Werkstück, bei gleichzeitiger Drehbewegung des Werkstückes an. Durch die Werkstückdrehbewegung gibt es eine tangentiale Vorschubkomponente, die einen kräftemäßig reduzierten Anschnitt erlaubt und trotzdem das Quetschen des Materials über die Schneidkantenverrundung und damit die Förderung des Werkzeugverschleißes gering hält. Wenn man diese Probleme gezielt beeinflussen kann, lässt sich dieses Verfahren sogar zur Substitution des Schleifens und damit zur Fertigbearbeitung einsetzen.
Hartdrehfräsen
Durch den Einsatz von CBN (kubisches Bornitrid) als Schneidstoff, lassen sich harte und gehärtete Werkstoffe praxistauglich zerspanen. Dies wird auch durch zähe Bindemittel im CBN-Gefüge erreicht, die einen Einsatz beim Fräsen überhaupt erst ermöglichen, weil das harte CBN durch die Stoßbelastung bei der Spanbildung sehr schnell brechen würde. Da sich die Schneidengeometrie beim orthogonalen Drehfräsen direkt auf der Mantellinie abbildet, wird hier eine entsprechende Schneidkantenstabilität benötigt. Dazu ist es notwendig mit den CBN-Körnern und dem Bindemittel ein so feines Gefüge zu erzeugen, dass ein kleinstmöglicher Schneidkantenversatz über den fortschreitenden Verschleiß der Bearbeitung erreicht wird. Dazu bieten sich vorzugsweise CBN-Sorten mit einer Korngröße von <1µm im Feinstkorn- und Ultrafeinstkornbereich an. Die Wahl der Schnittparameter ist dabei hauptsächlich ein Kompromiss aus zu erreichender Qualität und Werkzeugverschleiß.
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